Meinungen zum Saisonabbruch

Beim Verkünden des Saisonabbruchs hatte sich der Deutsche Tischtennis-Bund (DTTB) in seiner offiziellen Verlautbarung noch veranlasst gefühlt, eigens zu ergänzen, dass es sich dabei nicht um einen (April-)Scherz handele. Nun hat der Dachverband noch einmal nachgelegt und auf seiner Internetseite sogenannte „Empfehlungen zum vereinsbasierten Sporttreiben im Tischtennis“ veröffentlicht. Diese sollen den künftigen Trainings- und Wettkampfbetrieb an in Zeiten von Corona nötige Abstandsregeln anpassen und „politischen Entscheidungsträgern als Diskussionsgrundlage dienen können, über eine Hallenöffnung für den Tischtennissport zu befinden. Es handelt sich um Maßnahmen für die behutsame Wiederaufnahme gemeinsamer sportlicher Aktivitäten, die die jeweiligen Aktiven und Vereine strikt umsetzen müssten.“ Der Hinweis „dies ist kein Scherz“ fehlt diesmal, doch die dazu befragten Kapitäne der hiesigen Teams halten dennoch nicht besonders viel von den Vorschlägen. Besonders drastisch drückt es Gerd Lüdemann-Schulz aus. „Wer solche Ideen hat, wie draußen zu spielen, der ist von unserem Sport so weit entfernt wie eine Ordensschwester von der Reeperbahn“, sagt der Mannschaftsführer des TTC 93 Soltau. „Auch über die Aussage, Tischtennis wäre ein Individualsport, kann ich nur den Kopf schütteln.“ Genau das Gegenteil sei der Fall: „Sport in den Vereinen lebt vom Miteinander.“ Daniel Minor, Kapitän des MTV Soltau II, sieht es ähnlich – und bekommt dabei Unterstützung von seinem Vereinskollegen Matthias Schlange. „Möglicherweise sollte man lieber auf einen verspäteten Saisonstart bauen“, sagt er. „Diese Vorgaben des DTTB können in meinen Augen nicht eingehalten werden. Allein das großzügige Umranden der Tische ist in vielen Sporthallen gar nicht möglich.“ Schlange, Teamvorsteher der ersten Mannschaft des MTV, findet es zwar grundsätzlich positiv, dass „der DTTB sich Gedanken darüber macht, wann der Spielbetrieb wieder starten kann und den angeschlossenen Vereinen ein Signal gibt. Was nun aber dabei herausgekommen ist, ist aus meiner Sicht allerdings lediglich ein gut gemeinter Versuch.“ Auf ihn wirke der Katalog in Teilen realitätsfern und „wie eine wirklich gut gemachte Satire“. Am meisten stört Schlange der Vorschlag, auf Fahrgemeinschaften zu verzichten. „Wir fahren also 60 Kilometer nach Adelheidsdorf und 60 wieder zurück – und das bei sechs Leuten jeder mit dem eigenen Auto?“, fragt er. „Greta wird es uns danken – ein ausgemachter Blödsinn.“ Auch Gerhard Becker, der Mannschaftsführer des MTV Bispingen, findet nur wenige freundliche Worte über die Ausarbeitungen. „Kein Anhauchen des Balles oder Abwischen des Handschweißes am Tisch – das dürfte nach meinem Geschmack auch nach Corona so bleiben. Das fand ich schon immer unschön“, sagt er. Ansonsten habe man seiner Meinung nach zu lange nach Problemen gesucht. Dass zwei gegeneinander antretende Spieler jeweils persönliche Bälle für ihre Aufschläge verwenden sollen, hält er für nicht realistisch. „Aberwitzig“ nennt Schlange diesen Aspekt sogar. „Ich mache mir ernsthafte Sorgen um unseren Sport, wenn das alles so verlangt werden sollte“, sagt Becker. Ein Scherz seitens des DTTB scheint die Sache dennoch nicht zu sein. Auch wenn viele das Ganze für einen Witz halten.

Ole Rottmann für die Böhme Zeitung